Wundreinigung und die Anwendung geeigneter, phasenorientierter Wundverbände sind wichtige Schutzmaßnahmen gegen postoperative Wundinfektionen (SSI), eine schwerwiegende Komplikation, die jedes Jahr Millionen von Patienten betrifft. Verbände dienen nicht nur als physikalische Barriere zur Vermeidung von Wundkontaminationen, sondern können auch den Heilungsprozess aktiv unterstützen.
Es gibt für die Menschheit kaum etwas Wichtigeres als das Heilen und Verbinden von Wunden – eine medizinische Kunst, die bis in die Antike zurückreicht: In einem der ältesten medizinischen Texte, einer Tontafel aus dem Jahr 2200 v. Chr., wird das Verbinden von Wunden – das „Herstellen von Pflastern“ – zusammen mit dem Waschen und Verbinden von Wunden als eine der „drei heilenden Gesten“ bezeichnet.1 Unsere Vorfahren verwendeten Mischungen aus Schlamm oder Ton, Pflanzen und Kräutern, um Wunden zu schützen und Exsudate aufzusaugen. Öl war ein wichtiger Bestandteil dieser Pflaster, da es verhinderte, dass sie an der Wunde klebten, und das Bakterienwachstum verlangsamte. Heute, mehr als vier Jahrtausende später, verwenden wir modernere Verbandsmaterialien, doch das Ziel ist immer noch dasselbe: Wunden schnell heilen zu lassen, Infektionen zu vermeiden und sie, falls sie auftreten, zu behandeln, insbesondere nach Operationen.
Trotz großer Fortschritte in der modernen Medizin sind postoperative Wundinfektionen (SSI) nach wie vor die häufigste nosokomiale Infektion (HAI). Weltweit erkranken jedes Jahr Millionen von Patienten an SSI, die lebensbedrohlich sind, längere Krankenhausaufenthalte und höhere Kosten verursachen und zur Verbreitung von Antibiotikaresistenzen beitragen. Infektionen von Operationswunden können schwere Schäden verursachen, die Wundheilung behindern und zu erheblicher Mortalität und Morbidität führen. Die meisten SSI werden durch Bakterien der Hautflora rund um den Operationsschnitt verursacht, wie Staphylococcus aureus, Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) und Pseudomonas aeruginosa. Daher sind postoperative Maßnahmen wie die geeignete Versorgung der Operationswunde entscheidend, um die Heilung zu unterstützen und SSI vorzubeugen.
Wundheilung: ein komplexer, multifaktorieller Prozess
Wenn Chirurgen chirurgische Schnitte verschließen, legen sie üblicherweise einen sterilen Verband an. Dieses Material bildet eine bakterielle Barriere, bis die physiologische Reepithelisierung erfolgt. Der Wundverband bleibt in der Regel 24 bis 48 Stunden an Ort und Stelle, sofern es nicht zu starker Drainage oder Blutung kommt. Insgesamt ist diese frühe postoperative Phase entscheidend für die Wundheilung. Diese ist ein streng regulierter Prozess, der das enge Zusammenspiel vieler Faktoren wie Zytokine, Wachstumsfaktoren, Blut und die extrazelluläre Matrix erfordert, um verletzte Haut zu regenerieren.
Moderne chirurgische Wundauflagen beeinflussen den Heilungsprozess
Um postoperative Wundinfektionen zu vermeiden, ist die Wahl eines Wundverbandes mit optimalen Barriereeigenschaften je nach Wundtyp von entscheidender Bedeutung. Es gibt jedoch keine standardisierten Empfehlungen für den optimalen postoperativen Verbandtyp. Heute sind über 3.000 verschiedene Verbandstypen auf dem Markt erhältlich, sodass Chirurgen je nach Wundtyp den optimalen Verband auswählen können.
Moderne Wundverbände können zudem weit mehr als nur die Wunde abdecken: Sie können auch den Heilungsprozess positiv beeinflussen. Daher müssen sie verschiedene Anforderungen erfüllen, darunter:
*bietet Schutz vor bakteriellen Infektionen
*steril, ungiftig und nicht allergisch
* Bereitstellung und Aufrechterhaltung einer feuchten Umgebung
*Entfernung von übermäßigem Exsudat
*Verbesserung der epidermalen Migration, Förderung der Angiogenese und der Bindegewebssynthese
*ermöglicht den Gasaustausch zwischen der Wunde und der Umgebung
*Aufrechterhaltung einer angemessenen Gewebetemperatur zur Unterstützung des Blutflusses
*verhindert ein Verkleben mit der Wunde und lässt sich nach der Heilung leicht entfernen
*Bereitstellung einer Debridement-Aktion zur Verbesserung der Leukozytenmigration
*und lindert Schmerzen.
Verbände bestehen in der Regel aus synthetischen Polymeren und lassen sich in passive, interaktive und bioaktive Produkte einteilen:
Passive Produkte wie Mullverbände* sind hochdurchlässig, nicht okklusiv und decken die Wunde einfach ab.
Interaktive Wundverbände erzeugen ein feuchtes Wundmilieu, sind semiokklusiv oder okklusiv und unterstützen aktiv die Wundheilung. Hierzu zählen Folien, Schaum, Hydrogel, Hydrokolloide und Alginatverbände. Hydroaktive Faserverbände aus Zellulosefasern reduzieren das Mazerationsrisiko, indem sie Wundexsudat, Wunddebris und Bakterien effizient einfangen. Transparente Polyurethan-Folienverbände ermöglichen eine einfache Überwachung chirurgischer Wunden und schützen gleichzeitig frisches Epithelgewebe vor äußeren Einflüssen wie Mikroben und Flüssigkeit.
Bioaktive Verbände werden aus biokompatiblen und biologisch abbaubaren Materialien wie Biozellulose hergestellt, die für den Heilungsprozess wichtig sind.
Antimikrobielle Wundauflagen können die bakterielle Besiedlung reduzieren und das Infektionsrisiko minimieren. Wachstumsfaktoren und Enzyme unterstützen manchmal auch Reparaturprozesse bzw. fördern das Débridement nekrotischen Gewebes. Das mechanische Débridement ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Wundbehandlung, da es die Entfernung von Ablagerungen, Belägen, seneszenten Zellen und Biofilm ermöglicht und so das Wundbett für die Reepithelisierung vorbereitet. Um die Entstehung einer postoperativen Wundinfektion zu verhindern, ist es entscheidend, die Wunde sauber und frei von Ablagerungen zu halten.
Bei stark exsudierenden Wunden sind superabsorbierende Wundauflagen eine wertvolle Option, da sie überschüssige Flüssigkeit aufnehmen können. Dies ist insbesondere bei der Behandlung chronischer Wunden wichtig. Auch die Unterdruck-Wundtherapie (NPWT) ist eine beliebte Behandlungsmethode für akute und chronische Wunden. NPWT-Systeme üben Unterdruck auf die Wunde aus und verbessern so die Wundheilung.